Die richtige Optik fürs Auto - Interview mit Jean Pierre Kraemer

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Das neue Fahrwerk ist verbaut, die Felgen aufgesteckt, der Sportauspuff röhrt und röchelt munter vor sich hin. Was jetzt noch fehlt? Klar: die richtige Optik fürs Auto!

 
Premio Tuning:
Welchen Stellenwert hat optisches Styling bei der Fahrzeugmodifikation?

Jean Pierre:
Da scheiden sich die Geister. Manche stehen total auf Bodykits und lassen nichts unversucht, um ihrem Auto eine charismatische Optik zu verleihen. Andere haben‘s eher dezent, konzentrieren sich mehr auf das, was unterm Blech schlummert und lachen über die sogenannten „GFK-Bomber“. Ich finde es super, dass jeder von uns seine Kreativität und seinen Charakter in seinem eigenen Auto widerspiegeln kann – wie auch immer das am Ende aussehen mag. Wichtig ist, dass man selber Freude daran hat. Was ich gar nicht leiden kann, ist dieses Hauen und Stechen untereinander. Das missfällt mir tierisch. Ich muss ja nicht mögen, was andere an ihrem Auto gemacht haben, aber ich kann trotzdem Respekt für die Leistung zollen. Das vergessen manche leider in jüngerer Zeit.


Premio Tuning:
Was kann man denn überhaupt alles machen, also stylingtechnisch?

Jean Pierre:
Da sind der Fantasie kaum Grenzen gesetzt. Das geht los bei der Frage Lack oder Folie, zieht sich dann über die Wahl der Farbe und schließlich über die ganzen Anbauteile. Bodykit - ja oder nein? Neue Front? Neues Heck? Klarglasscheinwerfer oder lasierte Rückleuchten? Sitze, Ganghebel, Fußmatten – das gehört ja alles mit dazu. Es gibt auf dem Nachrüstmarkt so viele Dinge. Die Grenzen setzen am Ende allein TÜV und Co. Und natürlich muss man aufpassen, dass man nicht irgendwelche halbseidenen Schnäppchen abstaubt, die sich dann als wertloser Plastikmüll entpuppen. Das ist nicht nur ärgerlich, sondern auch gefährlich.


Premio Tuning:
Was heißt das konkret?

Jean Pierre:
Nicht irgendwelche No-Name-Produkte aus Fernost oder von sonstwoher kaufen, nur weil sie billig sind. Auch wenn sie wie echte Markenteile aussehen, in der Regel sind es Billigschrott-Plagiate, die einfach von der Qualität und dem verwendeten Material her minderwertig sind. Wer billig kauft, kauft zweimal. Also lieber sparen und gute Sachen kaufen. Da hat man mehr Freude dran!


Premio Tuning:
Das betrifft wohl in erster Linie Aerodynamik-Bauteile, oder?

Jean Pierre:
Nicht nur, aber vor allem, ja. Ein hochwertiges Aerodynamikteil steht und fällt mit dem Material, aus dem es hergestellt wird.


Premio Tuning:
Welche Materialien werden für solche Teile im Normalfall verwendet?

Jean Pierre:
Die am meisten verbreiteten Werkstoffe sind PUR- und ABS-Kunststoffe. Den guten alten glasfaserverstärkten Kunststoff GFK kennen wir heute nur noch von Hifi-Ausbauten im Kofferraum. Die Herstellung von GFK-Teilen ist vom Zeit- und Arbeitsaufwand her so hoch, dass sich eine Serienfertigung nicht wirklich rentiert. Auch die Haltbarkeit ist eher schlecht, weil das Material sehr unflexibel ist und schnell bricht.
Besser eignen sich deshalb ABS-Kunststoff und Polyurethan (PUR). Diese beiden Werkstoffe bieten vergleichsweise hohe Elastizität, lassen sich einfach lackieren und schlucken auch kleinere Parkrempler, ohne zu brechen. Der Herstellungsprozess bringt aber mit sich, dass sich die Produktion von ABS- und PUR-Teilen erst ab Stückzahlen jenseits der 100 Exemplare rechnet. Außerdem entstehen vor allem bei PUR sehr hohe Werkzeugkosten.


Premio Tuning:
Und was ist mit Carbon?

Jean Pierre:
Oh ja, das „schwarze Gold“. Das ist nochmal eine ganz andere Liga. Carbon ist wohl das edelste Material, das aktuell auf dem Markt erhältlich ist. Es ist außerdem sehr leicht und stabil. Allerdings hat das seinen Preis: Carbon ist sehr teuer – während zum Beispiel ein Spoilerschwert aus ABS 250 Euro kostet, legt man für das gleiche Teil in Carbon schon mal 1000 Euro auf den Tresen. Deshalb findet man Carbon vor allem an Sportwagen. Da spielt der Preis dann keine so große Rolle mehr.